Projektdokumentation

Unger, Achim:

Detoxifizierung Holzschutzmittel belasteter national wertvoller Kunstobjekte mit Farbfassungen und Oberflächenveredelungsschichten am Beispiel des Epitaphs von Döben und des Heiligen Grabes des Stiftes Neuzelle

01.01.2005 bis 01.09.2005

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Inhalt
Beteiligte

Epitaph von Döben (Sachsen): Figuren des Vaters und einer Mutter
Epitaph von Döben (Sachsen): Figuren des Vaters und einer Mutter
Sowohl in den neuen als auch alten Bundesländern wurden in der Ver-gangenheit Schädlingsbekämpfungs- und Holzschutzmittel mit Organo-chlor-Bioziden (DDT, PCP, Lindan, Chlornaphthalene) in großem Um-fang in sakralen und profanen Bauwerken sowie an musealen Einzelob-jekten aus Holz eingesetzt. Die Biozide gasen aus den behandelten Bau-teilen und Gegenständen permanent in die Raumluft aus, gehen in den Staub über und bilden auf den Objekten Kristalle. Die von den Bioziden ausgehende Gesundheits- und Umweltbelastung ist sehr hoch. Vor allem Restauratoren und Handwerker von Sanierungsfirmen sind betroffen. Die Nutzung und Präsentation der mit Bioziden belasteten Räume und Sammlungsgüter ist stark eingeschränkt.
Ziel des Projektes war es, die genannten Human- und Ökotoxine aus den kontaminierten Materialien wieder zu entfernen. Für die Dekontami-nation wurden zwei Wege als aussichtsreich eingestuft:

1. Hochdruckextraktion transportablen Kunst- und Kulturguts in ge-schlossenen Anlagen mit Kreislaufführung unter Verwendung von superkritischem Kohlendioxid.

2. Einsatz flüssiger Entgiftungsmittel zur Oberflächenbehandlung mit Bioziden belasteter Konstruktionselemente im eingebauten Zu-stand.

Das in Kirchen, Schlössern und Museen vorhandene transportable Kunst- und Kulturgut trägt häufig Farbfassungen und andere Oberflä-chenveredelungsschichten, deren Verhalten unter dem Einfluss von su-perkritischem Kohlendioxid geprüft werden musste. Es zeigte sich, dass bei gleichem Verfahrensregime mit Öl/Harz-Systemen gebundene Farb-fassungen im Allgemeinen stärker als Tempera-Fassungen beeinträch-tigt werden. Polituren auf Schellack-Basis und Ölvergoldungen sind e-benfalls anfällig. Je länger die Extraktionsdauer, umso deutlicher treten die Veränderungen in Erscheinung. Andererseits bewirkt eine längere Extraktionsdauer eine Erhöhung des Dekontaminationsgrades.
In Abhängigkeit von den Verfahrensbedingungen können z. B. über 90% des im Holz vorhandenen DDT und Lindan entfernt werden. Mit Arsen- und Quecksilberverbindungen kontaminierte Materialien (z. B. Pelze, Fe-dern, Leder, Textilien von ethnologischen Sammlungen) lassen sich e-benfalls detoxifizieren.
Durch einen im internationalen Maßstab einmaligen Pilotversuch in einer 245 L -Technikumsanlage konnten acht Figuren eines Epitaphs ohne Schäden an Holzträger und Farbfassung dekontaminiert werden. Zwei der Figuren wurden anschließend restauriert und der Öffentlichkeit prä-sentiert.
In der Perspektive ist die Errichtung einer eigenen Anlage für die Detoxi-fizierung von Kunst- und Kulturgut mit superkritischem Kohlendioxid vor-gesehen.

Zur Reinigung mit Bioziden belasteter Dachstühle in öffentlichen und pri-vaten Gebäuden wird gegenwärtig das Vakuumwasch-Verfahren unter Verwendung von Wasser eingesetzt. Damit können auf der Holzoberflä-che vorhandener biozidhaltiger Staub und Ausblühungen von DDT weit-gehend entfernt werden.
Um auch die dicht unter der Holzoberfläche befindlichen Bestandteile der Alt-Holzschutzmittel abzureichern, wurden zahlreiche flüssige Reini-gungsmittel hinsichtlich ihres Lösevermögens für Organochlor-Biozide geprüft. Zwei der Mittel zeigten eine sehr gute Entgiftungswirkung. Es wurde eine Technologie entwickelt, bei der die im Holz enthaltenen Bio-zide unter Emulsionsbildung entfernt werden. Der Dekontaminationsgrad liegt in der Größenordnung von 60-80%. Im Holz zurück bleibende Bio-zidreste werden durch ein Absperrmittel an einer Migration zur Holzober-fläche gehindert.

Wie Testversuche ergaben, lassen sich Organochlor-Biozide mit Hilfe von Mikrowellen an die Holzoberfläche transportieren und können dort abgesaugt werden. Als besonders effektiv haben sich hierbei neu entwi-ckelte Flachantennen erwiesen. Die Untersuchungen werden fortgesetzt.

Zur Bestimmung des Dekontaminationsgrades wurde eine Schnellme-thode auf der Basis des Chlorgehaltes der Proben unter Verwendung eines mobilen Mikro-Röntgenfluoreszenz-Spektrometers entwickelt. Die Chlorzählrate ließ sich mit dem durch GC/ECD ermittelten DDT-Gehalt in mg/kg korrelieren.


Gefördert durch die DBU



Dieses Projekt wurde gefördert durch
die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU)
AZ 17314/01

 
Inhalt

0 Zusammenfassung 6
1 Einleitung 7
2 Hauptteil 9
2.1 Detoxifizierung durch superkritisches Kohlendioxid 9
2.1.1 Charakterisierung des Modellobjektes 9
2.1.2 Eigenschaften von superkritischem Kohlendioxid 10
2.1.3 Aufbau und Inbetriebnahme einer Sichtzellenanlage 11
2.1.4 Versuche in der Sichtzellenanlage 12
2.1.4.1 Zielstellung 12
2.1.4.2 Probenauswahl und –vorbereitung 12
2.1.4.3 Versuchsdurchführung 12
2.1.4.4 Ergebnisse und Diskussion 13
2.1.5 Versuche in einer 5L-UHDE-Anlage 14
2.1.5.1 Zielstellung 14
2.1.5.2 Probenauswahl und –vorbereitung 14
2.1.5.3 Versuchsdurchführung 15
2.1.5.4 Ergebnisse und Diskussion 15
2.1.6 Versuche in einer Anlage der Oregon State University (USA) 17
2.1.6.1 Zielstellung 17
2.1.6.2 Probenauswahl und –vorbereitung 17
2.1.6.3 Versuchsdurchführung 17
2.1.6.4 Ergebnisse und Diskussion 20
2.1.7 Pilotversuch zur Dekontamination des Modellobjektes in einer
245L-Technikumsanlage
22
2.1.7.1 Zielstellung 22
2.1.7.2 Vorbereitung der Versuche 23
2.1.7.3 Versuchsdurchführung 23
2.1.7.4 Ergebnisse und Diskussion 24
2.1.8 Testversuche zur Detoxifizierung ethnologischer Objekte aus den
Staatlichen Museen zu Berlin
30
2.1.8.1 Zielstellung 30
2.1.8.2 Probenauswahl und –vorbereitung 31
2.1.8.3 Versuchsdurchführung 31
2.1.8.4 Ergebnisse und Diskussion 32
2.1.9 Schlussfolgerungen und Ausblick 32
2.2 Detoxifizierung durch flüssige Entgiftungsmittel 34
2.2.1 Charakterisierung des Modellobjektes 34
2.2.2 Zusammensetzung der Entgiftungsmittel 35
2.2.3 Wirkprinzip der Entgiftungsmittel 36
2.2.4 Nachweis des Detoxifizierungseffektes 36
2.2.4.1 Zielstellung 36
2.2.4.2 Beschreibung des mobilen Röntgenfluoreszenz (RFA)-
Spektrometers „ArtTAX“
37
2.2.4.3 Messmethodik 38
2.2.5 Laborversuche zum Einsatz der Entgiftungsmittel 38
2.2.5.1 Zielstellung 38
2.2.5.2 Probenauswahl und –vorbereitung 39
2.2.5.3 Versuchsdurchführung 39
2.2.5.4 Ausgewählte Ergebnisse und Diskussion 40
2.2.5.4.1 Chlor-Zählrate von Holz 40
2.2.5.4.2 Biozidverteilung über den Holzquerschnitt 41
2.2.5.4.3 Korrelation zwischen Chlor-Zählrate und Biozidgehalt 42
2.2.5.4.4 Eindringverhalten der Entgiftungsmittel 43
2.2.5.4.5 Dekontaminationsgrad und Transportvorgänge 44
2.2.5.4.6 Wirksamkeit von Entgiftungsmitteln und –technologien 45
2.2.5.4.7 Behandlung des Modellobjektes mit Entgiftungsmitteln 50
2.2.5.4.8 Detoxifizierungstechnologie für das Vakuumwasch-Verfahren 50
2.2.6 Praxisversuche unter Einsatz des Vakuumwasch-Verfahrens 51
2.2.6.1 Einsatz des Vakuumwasch-Verfahrens am Modellobjekt 51
2.2.6.2 Versuche zur Detoxifizierung von Holzbauteilen in Dachstühlen 52
2.2.7 Schlussfolgerungen und Ausblick 54
2.3 Testversuche zur Detoxifizierung mit Mikrowellen 54
2.3.1 Zielstellung 54
2.3.2 Probenauswahl und –vorbereitung 54
2.3.3 Versuchsdurchführung 55
2.3.4 Ergebnisse und Diskussion 55
2.3.5 Schlussfolgerungen und Ausblick 57
3 Öffentlichkeitsarbeit und Präsentation 58
4 Fazit 58
5 Projektbezogene Publikationen 59
6 Abbildungsverzeichnis 60
7 Tabellenverzeichnis 62
8 Abkürzungsverzeichnis 63

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Beteiligte

  • Achim Unger (Autor/in)
    Staatliche Museen zu Berlin Preussischer Kulturbesitz, Rathgen-Forschungslabor