Projektdokumentation

Nusser, Amélie; Freitag, Markus; Fuhrmann, Annegret; Herm, Christoph; Osterloh, Kurt; Reiche, Ina; Schwabe, Andreas; Simon, Stefan:

Analyse historischer Carbolineumimprägnierungen als Grundlage konservatorischer Dekontaminierung und modellhafte Erprobung neuer Sanierungstechnologien

23.04.2012 bis 31.01.2015

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Inhalt
Beteiligte

Schadensbild durch Carbolineumpenetration
Schadensbild durch Carbolineumpenetration
Im Rahmen des von der DBU geförderten Projektes Az 30165 wurde an einer Lösung zur Verringerung der öligen Schadstoffbelastung kirchlicher Holzobjekte geforscht, die in der Ver-gangenheit mit dem karzinogenen und umweltschädlichen Carbolineum behandelt wurden. Die Projektleitung wurde dem Rathgen-Forschungslabor – Staatliche Museen zu Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz übertragen. Weiterhin waren M. Eisbein vom LfD Sachsen und A. Unger im Beirat tätig. In Zusammenarbeit mit der BAM, dem LfD Schleswig-Holstein, der HfBK Dresden, dem Landeskirchenamt der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland und dem Restaurator Markus Freitag aus Kiel wurde der Ist-Zustand der demontierbaren Holzobjekte des Pilotobjektes des Reyer-Epitaphs der St. Laurentius Kirche zu Tönning analysiert und mögliche Dekontaminierungsverfahren untersucht. Sowohl die Originalfassung von 1704 als auch die Überarbeitung von 1903 wurden als Vergoldung sowie Farbpartien in öligem Bindemittelsystem auf einer leimgebundenen Kreidegrundierung ausgeführt. Die Barockfassung ist stark und die Überfassung partiell durch das Carbolineum beeinträchtigt. Die mit GC-MS ermittelten Hauptbestandteile des Carbolineums im Reyer-Epitaph sind Phenanthren bzw. Anthracen, Fluoranthen sowie Pyren. Im Inneren der Skulptur liegt das Carbolineum in flüssigem Zustand vor, sodass neben den Hauptbestandteilen auch die niedrigsiedenden PAKs vorhanden sind. Die Röntgen-CT und die lichtmikroskopischen Untersuchungen haben bewiesen, dass das ursprüngliche Holz stark durch Insektenfraß geschädigt ist (geschätzt 70 - 80 % des Holzvolumens). Aufgrund der freien Gefäßlumina sowie des dichten, verzweigten Fraßgangnetzes penetriert und diffundiert das Extraktionsmittel sehr gut in bzw. durch das Holz. Der mit der Soxhlet-Extraktion ermittelte Carbolineumgehalt im Originalholz betrug 38 - 46 %.
Die Tests an Originalfragmenten zeigten, dass eine Reduzierung der Carbolineumbelastung durch Lösungsmittelextraktionen möglich ist: Am besten geeignete Dekontaminierungsverfahren waren die kurzzeitige Extraktion mit 1,3-Dioxolanlsg. mit einer 29%igen Gewichtsreduktion durch Carbolineumentzug sowie die Dampfphasen-Extraktion mit Dichlormethan in der Knochenent-fettungsanlage am Zoologischen Institut der Universität Hamburg mit einer ca. 40 %igen erzielten Gewichtsreduktion durch Carbolineumentzug. In beiden Fällen wurde die ölgebundene Fassung durch Quellung beschädigt. Sowohl die Extraktion mit superkritischem CO2 als auch die Dekontaminierung mit Kompressen mit Siedegrenzbenzin (100 – 140 °C) erreichten eine Gewichtsreduktion von 3 % bzw. 7 %. Die sechsmalige Vakuumtränkung mit Siedegrenzbenzin (100 – 140 °C) erzielte eine Verminderung des Gewichtes durch Carbolineumentzug von 16 % und beeinträchtigte nicht die Fassung.
An einem Engelkopf des Pilotobjektes wurde das am besten geeignete Verfahren bezüglich des höchsten Dekontaminierungsgrades angewendet: Mittels 37-tägiger Dampfphasen-Extraktion mit Dichlormethan ließ sich bis zu 94 % des im Holz enthaltenen Carbolineums abreichern, ohne den Holzkern zu schädigen, jedoch unter Verlust der Fassung. Die weitere Optimierung des Extraktionsmittels ergab, dass die Extraktion mit einer 5%igen 1,3-Dioxolanlösung in Siedegrenzbenzin die ölgebundene Vergoldung nicht beschädigt und dass nach 24 Stunden eine Carbolineumabreicherung von 66 % erzielt wurde. In Zukunft sollte zur Reduzierung der Carbolineumbelastung eine Anlage, ähnlich der Knochenentfettungsanlage, die mit einem optimierten, für die Fassung schonenden Lösungsmittel bzw. –gemisch betrieben werden kann, konstruiert werden.

Gefördert durch die DBU



Dieses Projekt wurde gefördert durch
die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU)
AZ 30165/01

 
Inhalt

1 Zusammenfassung (14)

2 Einleitung und Zielsetzung des Projektes (15)

3 Darstellung der Arbeitsschritte (17)

4 Hauptteil (18)
4.1 AP1, AP2: Kunsttechnologische Untersuchungen und Analyse der Veränderungen durch den Carbolineumeintrag bzw. (dessen Verteilung an Proben des Reyer-Epitaphs (18)
4.1.1 Zur Fasstechnik des Reyer-Epitaphs (18)
4.1.2 Neutronen- bzw. (Röntgen-Computertomographien am Reyer-Epitaph (25)
4.1.3 Identifizierung des Carbolineums im Reyer-Epitasph mittels GC/MS-Analytik (42)
4.1.4 Lichtmikroskopische Untersuchungen zur Ermittlung der Teerölverteilung (46)
4.1.4.1 Lichtmikroskopische Untersuchungen (47)
4.1.4.2 Rasterelektronenmikroskopische Untersuchungen (49)
4.1.5 Versuche zur Lösungsmittelpenetration und Diffusion (51)

4.2 AP3: Tests zur Verringerung des Carbolineumeintrags an Fragmenten des Reyer-Epitaphs bzw. (Mock-ups und Analyse der Dekontaminierungsergebnisse 56)
4.2.1 Vorversuche: Extraktion von Carbolineum mit unterschiedlichen Lösungsmitteln (56)
4.2.2 Soxhlet-Extraktionen zur Bestimmung der Aufnahme von Carbolineum im Originalteil (57)
4.2.3 Dekontaminerungsversuche an Originalteilen (58)
4.2.4 Vergleichskörper (Mock-ups) (69)

4.3 AP4: Reduzierung der Carbolineumbelastung mit der geeignetsten Lösung aus AP3 und Analyse der Dekontaminierungsergebnisse 78)
4.3.1 Die Dekontaminierung mittels Dampfphasen-Extraktion mit Dichlormethan an dem Engelkopf des Reyer-Epitaphs (78)
4.3.2 Extraktionen mit verschiedenen Lösungsmittelverhältnissen an Originalteilen (86)

4.4 AP5: Festigungs- und Maskierungsversuche an Fragmenten des Reyer-Epitaphs (89)

4.5 AP6: Durchführung von Restaurierungs- und Konservierungsmaßnahmen an ausgewählten Holzobjekten des Reyer-Epitaphs in Tönning (89)

5 Fazit 90)

6 Handlungshilfe zum Umgang mit Teeröl-kontaminierten Objekten 91)

7 Projektbezogene Publikation (93)

8 Danksagung (94)

9 Literaturverzeichnis (95)

10 Anhang (97)
10.1 Methoden (97)
10.2 Messergebnisse an Originalteile 106)
10.3 Messergebnisse der Mock-ups 111)
10.4 Analyse des Engelkopfes 114)

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DOI (Digital Object Identifier)

10.5165/hawk-hhg/232

Beteiligte

  • Amélie Nusser (Autor/in)
    Staatliche Museen zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz
  • Markus Freitag (Autor/in)
    Dipl.-Restaurator
  • Annegret Fuhrmann (Autor/in)
    Hochschule für Bildende Künste Dresden
  • Christoph Herm (Autor/in)
    Hochschule für Bildende Künste Dresden
  • Kurt Osterloh (Autor/in)
    Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung
  • Ina Reiche (Autor/in)
    Staatliche Museen zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz
  • Andreas Schwabe (Autor/in)
  • Stefan Simon (Autor/in)
    Staatliche Museen zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz